Bornholm die Slow Food-Insel

Ein golden geräucherter Hering war lange der einzige kulinarische Botschafter der dänischen Ostseeinsel Bornholm. In den letzten Jahren indes hat sich die erste Fair-Trade Insel Skandinaviens zum Schlemmerland für bewusste Genießer entwickelt. Slow Food mit regionalen Produkten hat Hochkonjunktur.

Die ersten Heringe, so will es die Historie wissen, wurden bereits 1886 in Gudhjem geräuchert. Und nur hier lässt sich solch ein „Bornholmer“ hoch oben genießen – auf dem Dach der Gudhjem Røgeri. Zur Linken der Hafen, zur Rechten der Ort, der sich an den steilen Hang schmiegt, und auf dem Teller: „Sol over Gudhjem“. Ein warm geräucherter Hering auf einem Stück Roggenbrot mit Butter, üppig garniert mit gehacktem Schnittlauch, Radieschen und Zwiebeln. Ein wenig Salz und Pfeffer dazu, und nun noch als „Sonne“ ein rohes Eigelb. Velbekomme!

Den Namen des Traditionsgerichtes trägt auch der Kochwettbewerb „Sol over Gudhjem“, zu dem sich dänische Spitzenköche am Hafen von Gudhjem treffen. Verwendet werden dürfen für die Zwei-Gänge-Menüs, die eine Jury aus vier renommierten Küchenchefs bewertet, nur Bornholmer Zutaten. Und die sind so vielfältig wie exquisit. Fangfrischen Fisch, Muscheln und andere köstliche Meeresfrüchte liefert die Ostsee; Bio-Geflügel die Schlachterei Bornpoultry in Hasle. Beste Pasta aus Bornholmer Durum-Weizen, künftig auch 100 Prozent ökologisch, liefert die Pasteriet von Hof Frennegård, den König der Käseplatte die einzige Molkerei der Insel, Bornholms Andelsmejeri. 1980 und 1998 errang die Genossenschaftsmeierei für ihren Danablu den Weltmeistertitel für Käse – kein anderer Hersteller der Welt hat den Titel bislang zweimal erhalten.

Esskultur Bornholm
Schon diese kleine Auswahl zeigt: Auf Bornholm kann man noch die Orte und Menschen benennen, weiß, wer und wo was angebaut, verarbeitet und veredelt hat. So wird Finns Durumweizen bei Niels zu Mehl gemahlen und bei Hjarne zu Brötchen verarbeitet. Bei einer Landpartie kann man die Nase am Fenster platt drücken und sehen, wie Tim sein Bier braut, Thorkil sein Eis macht oder Jesper, Dänemarks größter Weinbauer, die Trauben von den Reben pflückt und nach Lille Gadegård fährt.

Um die regionalen Erzeugnisse zu fördern, haben sich seit 1995 mittlerweile 32 Erzeuger, Hofläden und Gastronomen zum Verein „Regionale Esskultur Bornholm“ (Foreningen Madkultur Bornholm) zusammengeschlossen. Geistiger Vater des damals ersten dänischen Food-Networks ist Hans Jørgen Jensen, heute Vorsitzender des Verbandes. Er sorgte dafür, dass die Lebensmittelkultur der Insel als eines von insgesamt acht Themen durch das regionale EU-Entwicklungsprogramm gefördert wird.

Den Beginn der Aktivitäten markierte eine kulinarische Kooperation mit Schonen – heute gehören zum EU-geförderten Food-Network bereits 25 Regionen, darunter auch die Insel Rügen, der Landkreis Lüneburg und die norddeutsche Nordseeküste. 2008 initiierte der Verband das erste Food Festival der Klippeninsel, 2010 wird das Fødevarefestival nun bereits zum dritten Mal in der 39. Woche gefeiert.

Bornholmer „Speisekammer“
Schaufenster der Slow Food-Bewegung auf Bornholm ist Gudhjem Mølle. Die Holländer-Windmühle wurde 2009 umgebaut und diente seitdem von April bis Oktober als „Skafferiet“, als Bornholmer „Speisekammer“ mit Shop, Café und Ausstellungsraum. Rund 126 Bornholmer Produkte haben dort vom Feld und aus dem Meer ihren Weg in die Regale und Kühltheken gefunden.

Die Köstlichkeiten der Klippeninsel hat auch Kristine Jørgensen vereint. 36 Jahre lang war sie für die Kommune tätig gewesen, dann wurde sie in den Ruhestand verabschiedet – und merkte: „Die Hände einfach nur ruhig in den Schoß zu legen, dafür war ich noch zu jung.“ Gemeinsam mit ihrer Tochter erweckte sie 2008 den von 1836 bis 1972 betriebenen Svaneke Købmandshandel am Marktplatz der sonnenreichsten Inselstadt wieder zum Leben, übernahm die historische Ladeneinrichtung, renovierte behutsam den nostalgischen Kramladen und bewahrte erfolgreich dessen Stil aus Großmutters Zeiten. Beim Öffnen der Tür bimmelt ein Glöckchen. Klobige Binsenschuhe baumeln von dunklen Balken, neben der wuchtigen Kasse mit Eisenkurbel locken Dreieckstüten mit Dukke Bolcher, handgefertigten Bonbons aus Svaneke. Ringsherum biegen sich die alten Holzregale unter der Last der Bornholmer Spezialitäten.

In der alten Schule von Østermarie verarbeiten Birte Madsen und Finn Bergendorff den Nektar ihrer acht Millionen Bienen in feinsten Honig. Pur fängt er die Blütenpracht der Bornholmer Sommerwiesen ein, aromatisiert kommt er mal exotisch, mal feurig oder fruchtig daher: Zimt, Knoblauch, Chili, Ingwer, Pfefferminz oder Aprikose-Mandel? Gern flirtet er auch mit einem anderen Bornholmer Star: Senf. Mit immer neuen Kreationen buhlen die beiden Bornholmer Senf-Produzenten im Købmanshandel um Kundschaft: Zurückhaltend im Achteckglas lockt er klassisch-cremig, mit Honig oder Dill, daneben kreisrund und bunt der Senf im Glas mit scharfem Chili oder als Sonderedition zur Weihnachtszeit.

Flüssiges Gold und braune Raffinessen

Im ganzen Land berühmt ist das Rapsöl von Lehnsgaard aus Aarkirkeby: pur oder versetzt mit Zitrone oder Chili. Zum Backen empfiehlt Kristine Bornholmer Bio-Mehl aus der Valsemølle, ebenfalls in Aarkirkeby. Auch flüssiges Gold fehlt nicht: Schokoladenbier oder Stout aus dem 2003 mit dem dänischen Bierpreis prämierten Svaneke Bryghus, Rot- und Fruchtweine vom Vingården Lille Gadegård – und hochprozentiger Aquavit, Bitter und Bornholmer „Honning Syp", Honigschnaps, von Den Bornholmske Spritfabrik in Nexø.

Jetzt fehlt nur noch Süßes? Dann schnell auf die andere Seite des Marktplatzes. Hinter goldgelbem Fachwerk verwandeln Lisbeth Stegmann und Birgit in der Svaneke Chokoladeri belgische Rohschokolade in weiße, braune oder schwarze Raffinessen: zartschmelzende Trüffel mit Marzipan-, Nugat-, Mokka-, Blaubeer-, Bier-, Karamell- oder Lakritz-Füllung, Solisten in transparenten Schleifen-Tütchen oder strahlende Blüten auf einem Blumenbouquet aus feinsten Fasern der Natur.

Auf Sahneeis und Sorbets mit nordischen Früchten haben sich Vineke Bengtson und Jonas Bohn von der Svaneke Ismejeri spezialisiert. Am Hafen schließlich verwandeln Charlotte Vigel und Tine Ipsen Zucker und Sahne in ein verführerisches Karamell-Quintett: dänische Sahnekaramell, englischen Fudge, knuspriges Erdnusskaramell oder harte Karamellbonbons mit Lakritz- oder Schokoladengeschmack. Und dann gibt es ja noch die Roggenkekse von Johannes Dam & Søn und Mortensens Nexø-Kekse, die beide Exportschlager geworden sind.

Text: Hilke Maunder / Visit Denmark

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